Am 22. Juni – dem längsten Tag des Jahres – veranstaltete unser Verein sein Mittsommerfest am Alteburgkopf. Der Alteburgkopf ist ein mystischer Ort an dem früher viel gefeiert wurde. Trotz des kühlen Wetters kamen fast 70 Menschen.
Es gab ein buntes Programm:
Die Kräuterfrau Simone Ludwig erläuterte heimische Pflanzen und Gräser, die Künstlerin Tanja Leonhard hatte den Platz unter dem Laub der Bäume mit bunten Seidenfahnen geschmückt. „QuestWind“ sorgte für den musikalischen -Rahmen und BRAUmit schenkte heimisches Bier aus. Außerdem gab es wunderbare Teigtaschen, die wie immer Frau Lotz zubereitet hatte.
Die Archäologin Frau Dr. Kari Kunter hielt einen Vortrag über die Kelten im Vogelsberg – ja, ob sie hier wirklich einmal waren?
Dr. Kari Kunter
Schotten, die Alteburg und die Kelten
Dia duit
Latha math
Feasgar math!
Bore da
Demat
Hallo, haben Sie verstanden, was eben gesagt wurde? Nein? Es waren Begrüßungsformeln auf Keltisch bzw. auf Gälisch, wie es in einigen einst von Kelten besiedelten Gebieten noch heute gesprochen wird: und zwar in Irland, Schottland, Wales und der Bretagne. Ob die Worte eben richtig ausgesprochen wurden? Die meisten von uns werden es nicht wissen. Aber: Hätten Menschen, die vor vielleicht 2000 bis 2500 Jahren hier in dieser Gegend um Schotten gelebt haben, es besser gekonnt? Hätten sie von den gälischen Dialekten mehr verstanden als wir heute? Mit anderen Worten: Haben hier im Raum Schotten einst Menschen gelebt, die eine direkte Beziehung zum Keltischen/bzw. Gälischen gehabt haben könnten?
Dies ist das Thema, mit dem wir uns im Folgenden etwas näher beschäftigen wollen. Dazu wollen wir als erstes fragen: Wer waren die Kelten und warum stehen sie zur Zeit so hoch im Kurs? Ja, wer waren die Kelten? Darüber könnte man Stunden berichten, aber hier an dieser Stelle muss eine Kurzfassung ausreichen.
Als Kelten (nach griechischer Überlieferung) oder Gallier (nach römischer Überlieferung) bezeichnet man eine Reihe verschiedener Stammesgruppen, die eine ähnliche materielle Kultur und ähnliche Glaubensvorstellungen hatten. Sie verbreiteten sich im letzten Jahrtausend vor Christus über weite Teile Europas; um 200 vor Christus reicht das keltische Territorium von Ungarn bis zum Atlantik. Sie waren hervorragende Handwerker, sie konnten stadtartige Siedlungen und komplizierte Befestigungen bauen, sie prägten ihre eigenen Münzen und benutzten, auch wenn sie keine eigene Schrift hatten, gelegentlich Schriften aus dem Mittelmeerraum. Der Kontakt zu der antiken Welt im Süden war eng; aus dem Mittelmeerraum bezog eine keltische luxusliebende Oberschicht u.a. Wein und kostbare Trinkgefäße.
Im 4. und 3. Jahrhundert vor Christus machten sich einige keltische Gruppen auf, um die reiche Welt da unten im Süden und Südosten selbst kennenzulernen und sich, wie von Griechen und Römern schaudernd berichtet wird, etwas von ihrem Reichtum plündernd anzueignen. Später waren es dann die Römer, die in keltische Gebiete eindrangen, fast alle keltischen Stämme West- und Südosteuropas unterwarfen und ins römische Reich eingliederten. Nur in Randgebieten Nordwesteuropas konnten einige keltische Stämme ihre Eigenständigkeit länger erhalten. Und in Süddeutschland und speziell in Hessen? Nun, hier hatten sich die Kelten auf nicht ganz klare Weise schon aus der Geschichte verabschiedet, bevor die Römer ins Land kamen und schließlich den Limes bauten.
Aber was ist es, was uns heute an den Kelten so fasziniert? Weit bekannt sind die Kelten durch die ihre kulturellen Hinterlassenschaften, die manche für uns geheimnisvolle, schwer deutbare Elemente enthalten. Man denkt dabei an die seltsamen Statuen mit den großen Ohren, wie sie zum Beispiel auf dem Glauberg entdeckt wurden, an prächtige, mit Waffen, Trinkgeschirr und Goldschmuck ausgestattete Fürstengräber, an verschiedene sehr merkwürdige Schädelkulte.
Aber dies reicht als Erklärung noch nicht aus. Zu den echten alten Kulturzeugnissen gesellen sich jüngere, historische oder sogar gegenwärtige Überlieferungen und Verklärungen: scheinbar originale keltische Gesänge, Druidenweisheiten und mancherlei esoterische Aktionen. Und schließlich, nicht zu vergessen – auch Asterix und seine Kumpane haben viel dazu beigetragen haben, dass die Kelten heute so populär geworden sind, dass man sogar von einer Keltomanie sprechen kann. Und jede Gemeinde ist stolz, wenn es in ihrer Gemarkung Fundstellen oder Geländedenkmäler gibt, die mit dem Zauberwort „keltisch“ verbunden werden können.
Das war nicht immer so. In den Jugendjahren der archäologischen Forschung war man fasziniert von, wie man es nannte, „heidnischen Kultstätten“; man verband sie mit blutrünstigen Ritualen und glaubte sie überall zu finden: in auffallenden Steinsetzungen, in Höhlen, auf markanten Bergkuppen, in überwachsenen Wallanlagen. Später, in der NSZeit, ging es nicht mehr allgemein um heidnische Stätten, sondern speziell um „Germanisches“. Eine germanische Siedlung, ein Thingplatz, eine germanische Gerichtsstätte – das war es, was damals eine Gemeinde haben wollte!
Heute ist Germanisches nicht mehr gefragt, heute möchte man teilhaben an der so glänzend verklärten Welt der Kelten. Und gut vermarkten lässt es sich auch: Kelten-Rundwege, Kelten-Wälle, Kelten-Keller, Kelten-Gehöfte und Kelten-Museen haben Saison. Klar, dass auch Schotten zum Keltenkreis gehören möchte. Aber gibt es reale Anhaltspunkte dafür? Welche Möglichkeiten hätten wir denn, Kelten im Raum Schotten nachzuweisen? Das wollen wir uns nun genauer ansehen.
Wie lassen sich Kelten im Raum Schotten nachweisen?
Eine erste Sackgasse: das Aussehen der Kelten Kann das Aussehen der Kelten einen Hinweis geben? Gibt es einen keltischen Typ, den man noch heute erkennen kann? Auf den britischen Inseln würde man diese Frage vielleicht bejahen. Dort neigt man dazu, vom Aussehen her Nachkommen der gälisch/keltischen Bevölkerung von den angelsächsischen und normannischen Bewohnern der Inseln absetzen. So werden z.B. die gälisch/keltischen Einwohner von Wales gelegentlich als klein, beweglich und dunkel beschrieben … als typisch keltisch eben – aber ach! Die Griechen und Römer, die die Kelten immerhin live erlebten, schildern sie ganz anders: groß, stark und wild, meist rothaarig, aber oft auch blond. Ob das wirklich eine realistische Beschreibung ist? Das muss offen bleiben, denn mit praktisch den gleichen Worten schildern die Römer auch die Germanen. Und ein paar Jahrhunderte später werden die Wikinger auf die gleiche Weise gekennzeichnet. Ist groß, wild, rothaarig/blond vielleicht auch ein Klischee für barbarische Stämme im alten Europa? Wir sehen schon: Mit der Frage nach dem Aussehen der Kelten brauchen wir uns nicht zu befassen, das hilft uns bei unseren Betrachtungen in keiner Weise weiter.
Die nächste Sackgasse: die Sprache der Kelten. Weit zuverlässiger, so scheint es, ist der Weg, Kelten über die keltischeSprache zu definieren. Schließlich sind die verschiedenen keltischen Dialekte (zusammenfassend und abgekürzt: „das Keltische“) ein gutfassbarer Zweig der indogermanischen Sprachfamilie. Und wer keltisch sprach, war ein Kelte. Oder umgekehrt: Wo sich Kelten niedergelassen haben, wurde keltisch gesprochen. Das ist doch einfach – oder nicht? Nein, so einfach ist es nicht, vor allem, wenn wir nach einer Methode suchen, um Kelten in unserem Gebiet nachzuweisen. Ja, es gibt bis heute einige keltisch/gälische Sprachinseln. Und es gibt eine Reihe von Orts- und Flussnamen, die sprachlich gesehen keltischen Ursprungs sind. Und schließlich gibt es römische Schriften und Inschriften, in denen keltische Orts- und Personennamen genannt sind – aber ach! Die keltisch/gälischen Sprachinseln liegen ausschließlich in den Randgebieten Nordwesteuropas. In Mitteleuropa und damit auch in Hessen ist das Keltische längst erloschen. Und wenn man sich die Orts- und Flussnamen keltischer Herkunft genauer ansieht, dann liegen sie fast alle in Gebieten, in denen Kelten nachweisbar langfristig siedelten und im römischen Reich aufgingen: in Deutschland vor allem im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Mittelhessen oder gar der Vogelsberg sind nicht dabei. Und keltische Ortsoder Personennamen in römischen Schriften? Ebenfalls Fehlanzeige. Keine der römischen Schriften und Inschriften bezieht sich auf unseren Raum. Die Römer haben den Vogelsberg links liegen lassen und fallen als Informanten für uns aus. Sprachliche Erwägungen können uns also bei der Frage nach Kelten in unserem Raum nicht weiterhelfen.
Die dritte Sackgasse: Archäologische Zeugnisse. Wenden wir uns schließlich dem dritten und besten Anzeiger für eine keltische Besiedlung zu: den archäologischen Zeugnissen. Die Hinterlassenschaften der Kelten – ihre Siedlungen, ihre Gewerbebetriebe, ihre Kultstätten und Gräber, ihre Befestigungen – sind gut untersucht und haben in jüngster Zeit für großes Aufsehen gesorgt; ich brauche hier nur auf den Glauberg zu verweisen. Zeitlich betrachtet gehören diese Reste der keltischen Kultur in den jüngeren Abschnitt der Eisenzeit, grob umrissen in die Zeit zwischen 500 vor Christus und Christi Geburt. Archäologisch betrachtet können sowohl die spektakulären Fundstücke aus Fürstengräbern als auch die weitaus schlichteren Grabbeigaben und Siedlungsfunde aus diesem Zeitraum einer Kultur zugeordnet werden, die nach einem Fundort in der Schweiz den Kunstnamen „Latènekultur“ erhalten hat.
Die Latènekultur lässt sich in charakteristischer Ausprägung in Mittel- und Westeuropa nachweisen. Man verbindet sie mit Bevölkerungsgruppen, die zum keltischen Kulturkreis gehörten – und lässt offen, wie diese Menschen aussahen oder ob sie wirklich alle, einfach ausgedrückt, „keltisch“ gesprochen haben. Wenn also das jüngereisenzeitliche Fundgut eines Gebietes eindeutig der Latènekultur zuzuordnen ist, dann ist das ein guter Hinweis auf eine zumindest kulturell keltisch geprägte Bevölkerung.
Wie sieht es damit in unserem Gebiet aus? Zum dritten Mal ach … Es sieht nicht gut aus. Denn im Raum Schotten fehlen nicht nur typische Funde der Latènekultur, wie man sie mit den Kelten verbinden kann, sondern es liegt bisher überhaupt kein Fundgut aus der späten Eisenzeit vor. Wir können also nicht einmal nachweisen, dass der Schottener Raum in den letzten Jahrhunderten vor Christus überhaupt von Menschen genutzt wurde. Bei diesem Sachverhalt könnte er damals ebenso gut eine Wildnis gewesen sein – lange, lange Zeit hindurch.
Aber die Wallanlage auf der Alteburg? Spricht das nicht dagegen? Ist das nicht ein klarer Hinweis auf eine Erschließung und Nutzung des Raumes in der Keltenzeit? Leider nein. Die Wallanlage der Alteburg weist, soweit das bisher bekannt ist, keine Merkmale auf, die man zwingend einer speziellen Epoche zuordnen könnte. Und es liegen auch keine datierbaren Begleitfunde vor.
Unter diesen Umständen muss die Zeitstellung der Anlage offen bleiben. Sie kann natürlich vorgeschichtlich und hier eventuell eisenzeitlich sein, aber sie könnte auch mittelalterlich oder sogar frühneuzeitlich sein. Sie als keltisch zu bezeichnen, ist – zumindest bei der gegenwärtigen Fund- und Befundlage – nichts weiter als Wunschdenken. Man wäre einen Schritt weiter, wenn man wenigstens ansatzweise eine späteisenzeitliche Erschließung des Schottener Raumes nachweisen könnte. Oder sollte tatsächlich, wie es oben schon angedeutet wurde, das Gebiet um Schotten und vielleicht sogar der gesamte westliche Vogelsberg in keltischer Zeit siedlungsleer gewesen sein? Ist das denkbar? Nun, denkbar schon. Aber ist es auch wahrscheinlich? Es gibt eine Reihe von Faktoren, die bei der Frage nach der Siedlungsgeschichte Schottens berücksichtigt werden müssen. Und nicht alle von ihnen sind ungünstig. Auf einige der siedlungsbegünstigenden Faktoren sei im Folgenden noch einmal direkt hingewiesen.
Pluspunkte: Schottens siedlungsgeographische Lage Wie sieht es denn allgemein mit der Besiedlung von Berglandschaften aus? Klar, auch Berglandschaften können Siedlungslandschaften sein. Aber verglichen mit dicht und kontinuierlich genutzten fruchtbaren Börden- oder Beckenlandschaften ist die Besiedlung von höheren Lagen nicht nur insgesamt lückenhafter, sondern sie weist auch größere zeitliche Schwankungen auf.
Geht man von einem gemäßigten Klima und von einer vorwiegend auf Ackerbau gegründeten Landwirtschaft aus, dann sind steile Hänge, enge Täler und dünne Bodendecken nicht gerade förderliche Faktoren; auch vermehrte Niederschläge und kühlere Temperaturen wirken sich nicht unbedingt positiv aus. Aber in Zeiten mit einem heißen oder trockenen Klima kann dies gewisse Vorteile bieten. Auch eine spezielle Art der Viehwirtschaft, vorhandene und begehrte Bodenschätze oder ein großer Bevölkerungszuwachs können ein Anlass zu einer verstärkten Besiedlung von Berglandschaften sein. Ändern sich Klima, Wirtschaftsweise oder Bevölkerungsverhältnisse, kann eine Besiedlungswelle auch wieder zurückfluten. Es ist ein Prozess, den wir im Mittelalter mit der Aufsiedlung des Berglandes und der anschließenden Wüstungsphase gut erkennen können – gerade hier im Schottener Raum.
Mit derartigen Schwankungen wird man auch in vorgeschichtlichen Zeiten rechnen müssen. Aber eine vollständige Siedlungsleere in und um Schotten über einen langen Zeitraum hinweg erscheint dennoch wenig wahrscheinlich. Denn das Schottener Gebiet ist ja kein abseits gelegenes Isolat in einem schroffen Hochgebirge – im Gegenteil. Schotten liegt ja nicht einmal im Hohen Vogelsberg, sondern in der gemäßigten Zone des Unteren Vogelsberges, mit zumindest teilweise recht guten Böden, die auch ackerbaulich genutzt werden können. Doch es gibt noch einen weiteren Pluspunkt: die Nachbarschaft zur Wetterau mit der Nidda als direktem Verbindungsglied zwischen dem Schottener Raum und der Wetterau. Durch die Nähe der Wetterau ist das Klima milder als in anderen Teilen des Unteren Vogelsberges. Die Auswirkungen sind besonders im Raum Nidda spürbar, strahlen jedoch bis in das Schottener Gebiet aus.
Dieser Lagevorteil als, salopp gesagt, letzter Ausläufer der Wetterau hat im Mittelalter, als man sich an den Flussläufen orientierte, zu einer relativ frühen Besiedlung geführt: Schotten ist ja schon in karolingischer Zeit urkundlich erwähnt und gehört damit nach geographischen Begriffen noch zum Altsiedelland. Und kann sich dieser Lagevorteil nicht auch in anderen Epochen ausgewirkt haben? Immerhin gibt es ja bereits einen schönen Fund aus der älteren Eisenzeit. Warum sollte die jüngere Eisenzeit eine Ausnahme sein? Wenn es aber in dieser Zeit Siedler im Schottener Gebiet gegeben hat: Welchem Kulturkreis könnten sie dann zugehört haben? Schließlich waren es ja nicht nur Kelten, die im letzten Jahrtausend vor Christus in unseren Breiten lebten. Vielleicht gibt das jungeisenzeitliche Fundgut aus der näheren und weiteren Nachbarschaft Schottens Hinweise darauf.
Pluspunkte: die Verteilung der latènezeitlichen Fundkomplexe. Gehen wir erst einmal großräumig vor, dann stoßen wir in jeweils 30-40 km Luftlinie entfernt auf mehrere keltische Zentralorte: auf den Dünsberg im Westen, die Amöneburg im Nordwesten – beides markante Erhebungen, die man von Schotten aus direkt sehen kann – und auf die keltische Stadtanlage und Salzmetropole Bad Nauheim im Südwesten. Noch näher, nur ca. 25 km südlich von Schotten, liegt der Glauberg, das große frühlat.nezeitliche Zentrum mit seinem Heiligtum, seinen Fürstengräbern und seinen Statuen.
Doch die Hinterlassenschaften der Kelten bestehen ja nicht nur aus großen repräsentativen Anlagen und fürstlich ausgestatteten Gräbern. Zahlreicher vertreten sind kleine Landsiedlungen oder Gräber mit einer weit schlichteren, keltisch geprägten Ausstattung: mit einer Waffe vielleicht oder mit speziellem Ringschmuck. Suchen wir danach, dann müssen wir, von Schotten ausgehend, nicht allzusehr in die Ferne schweifen: Aus dem benachbarten Landkreis Gießen bei Langd und Ettingshausen wurden Gräber von Kriegern mit charakteristischen Frühlaténeschwertern entdeckt, in Laubach das Grab wohl einer Frau, die mit schweren keltischen Knotenringen geschmückt war. Alle drei Fundstellen liegen jeweils 15 bis 20 km von Schotten entfernt. Zwei ganz besondere Gegenstände schließlich kamen in Borsdorf, von Schotten aus 14 km Nidda abwärts, zutage. Es waren eine Gewandspange (eine sogenannte Vogelkopffibel) und der Rest eines aus dem Süden importierten, mit Figuren verzierten Bronzegefäßes: ein Aufsehen erregender Fund, der mit großer Wahrscheinlichkeit aus einem unerkannt zerstörten keltischen Fürstengrab bei Borsdorf stammt. Dies alles ist ohne Abbildungen nicht besonders anschaulich. Aber vielleicht wird durch die Aufzählung doch klar, dass sich die keltische geprägte Laténekultur fast bisins Schottener Gebiet hinein nachweisen lässt.
Aber direkt in, um und hinter Schotten soll alles zu Ende sein, eine echte Kulturgrenze, eine Grenze zwischen Kultur und Niemandsland? Das ist schwer zu glauben. Eher wird man davon ausgehen, dass sich der Siedlungsraum in der jüngeren Eisenzeit nicht so scharf begrenzen lässt und sich von der Wetterau aus mindestens bis zum Oberlauf der Nidda um Schotten erstreckt hat. Und dass hier Menschen lebten, die, um es vorsichtig-abstrakt auszudrücken, zumindest zum keltischen Kulturkreis gehört haben.
Ganz sicher wäre eine anzunehmende Besiedlung nicht flächendeckend gewesen; man muss mit kleinen, vielleicht weit auseinander liegenden Siedlungsstellen rechnen. Die Chancen, auf einen dieser Wohnplätze oder einen dazugehörigen Bestattungsplatz zu stoßen, sind daher im Raum Schotten weit geringer als in bestimmten Zonen der Wetterau oder des Gießener Beckens. Aber wenigstens einige Spuren davon müssten sich doch erhalten haben. Wie aber kann man sie entdecken? Hier kann nur der Zufall helfen – und ein bisschen auch die Schottener selbst.
Wie können Sie dazu beitragen, Schottens Vorgeschichte zu erhellen?
Ganz sicher nicht dadurch, dass Sie Ausgrabungen machen – weder an noch auf der Alteburg oder anderswo. Das ist erstens nicht erlaubt und würde zweitens, wenn es nicht fachmännisch geschieht, nur Schaden anrichten. Auch systematische Feldbegehungen mit dem Ziel, archäologische Funde zu entdecken, sind ohne Genehmigung nicht zulässig und die Landwirte sehen es nicht gern. Was man aber tun sollte, ist: aufmerksam sein und sich, soweit möglich, kundig machen.
Wie sieht denn das archäologische Fundgut aus, das in die keltische Zeit gehört? Abbildungen gibt es in Büchern oder auch im Internet, aber am besten ist ein Besuch in einem Museum, vielleicht im Keltenkeller am Dünsberg, im Oberhessischen Museum in Gießen oder auf dem Glauberg. Und dabei sollten nicht nur die auffallenden Gegenstände – Waffen, Geräte und Schmuckstücke aus Eisen, Bronze oder gar Gold – betrachtet werden: Wichtig ist, dass man sich klar macht, wie extrem unauffällig vorgeschichtliche Siedlungsreste und vor allem latènezeitliche Gefäßscherben im Boden aussehen können! Man sollte nachforschen, ob früher einmal bei Neubauten, bei Feld- oder Waldarbeiten auffallende Dinge oder Strukturen entdeckt wurden. Oder ob es in der Nachbarschaft Liebhaber für archäologisches Fundgut und sonstige Kuriositäten gibt. Wenn ja, sollte man sich die Sammlung zeigen lassen und nachfragen, was die Besitzer über die einzelnen Stücke wissen. Denn nicht alles, was im Laufe der Zeit ans Tageslicht gekommen ist, wird richtig als archäologisches Fundgut erkannt und an die amtlichen Stellen weitergemeldet.
Am wichtigsten aber ist Aufmerksamkeit. Achten Sie auf Bodeneingriffe jeglicher Art, sehen und fragen Sie nach, ob dort nichts Ungewöhnliches freigelegt wird: Mauerreste vielleicht oder merkwürdige Steine, Brandflächen oder andere auffallend verfärbte Stellen im Boden, möglicherweise auch kleine, verkrustete Gefäßscherben oder verrostete Metallreste. Bodeneingriffe gibt es zur Zeit relativ häufig, auch im Schottener Raum. Überall ist man dabei, auf großen Flächen Erdreich abzutragen – für Gewerbeflächen, neue Wohngebiete, Fahrradwege, Versorgungsleitungen. Halten Sie ein Auge darauf! Denn wenn es die historisch interessierten Schottener Bürger nicht tun, dann tut es niemand. Die amtlich bestellte archäologische Denkmalpflege kann ihnen diese Aufgaben nicht abnehmen. Sie kann eingreifen, wenn Fundgut gemeldet wird. Sie kann auch vorbeugend eine Untersuchung durchführen, wenn eine bekannte archäologische Fundstelle direkt gefährdet wird. Aber diese Voraussetzung trifft im Schottener Raum bestenfalls auf die Alteburg zu.
Man muss daher wachsam sein. Bauarbeiten gehen heutzutage sehr schnell. Wenn dabei archäologisches Fundgut, so unscheinbar es auch sein mag, zutage kommt, sollte sofort die zuständige Stelle benachrichtigt werden, für Schotten ist das das Landesamt für Denkmalpflege in Marburg. Investoren und Bauleiter möchten keine Zeit verlieren und werden die Initiative daher vielleicht nicht begrüßen. Aber lassen Sie nicht abhalten! In einem so fundarmen Gebiet wie Schotten hat jeder Fund einen besonders hohen Aussagewert. Und dies gilt nicht nur für die keltische Epoche. Alle archäologischen Funde sind hier eine Bereicherung und sagen etwas über die Besiedlungsgeschichte am Rand des Vogelsberges aus. Darum achten Sie darauf, dass die Vergangenheit Schottens nicht einfach weggebaggert wird. Es ist Ihre Geschichte, die Geschichte Ihres Gebietes, um das es hiergeht!
Mit diesem Appell sei der kurze Überblick geschlossen. Wir beenden ihn, wie wir begonnen haben: mit ein paar keltisch/gälischen Worten, diesmal aber mit Worten, wie man sie zum Abschied sagt– in Irland, Schottand, Wales und in der Bretagne:
Slán abhaile
mar sin leibh
Hwyl fawr
Kenavo