Der erste Stopp der diesjährigen Jahresfahrt des Vogelsberger Kultur- und Geschichtsvereins war in Hildesheim. Die Stadt wurde 1945 bei einem Bombenangriff fast vollständig zerstört. Die Mauern des Doms fielen auf den 1000-jährigen Rosenstock, der dabei verbrannte. Wie ein Wunder erschien es den Überlebenden dieser Katastrophe, als die Reste der Rose dennoch neue Triebe entwickelten. Der fast 10 Meter hohe Rosenstock ist seitdem ein Symbol für den Überlebenswillen der Stadt.
Dom, Michaeliskirche und historischer Marktplatz wurden nach alten Vorbildern wieder aufgebaut, wobei die Bürger von Hildesheim erhebliche Spenden aufbrachten, um das zu ermöglichen. In der Michaeliskirche wohnten wir einem kurzen Orgelkonzert bei und bewunderten die buntbemalte Holzdecke.
Dann ging es weiter nach Bremen.
Das malerische Schnoorviertel mit seinen individuellen Läden und Restaurants in den kleinen Häusern war ursprünglich der Wohnort vieler Bremer Kapitäne und Seeleute. Im gemütlichen „Beck’s in’n Snoor“ kehrte die Reisegruppe ein.
Die Böttcherstraße ist eine weitere Bremer Attraktion. Sie war einst eine wichtige Verbindung zwischen Weser und Markt, in der Böttcher und Kimker, also Fass- und Zubermacher, ansässig waren. 1902 kaufte Ludwig Roselius, ein Bremer Kaffeekaufmann und Erfinder des koffeinfreien Kaffees, mehrere Häuser in dieser Straße und ließ sie nach seinen Vorstellungen neu bauen.
Das Paula-Becker-Modersohn-Haus und das Haus Atlantis erregten wegen ihrer höchst ungewöhnlichen Formensprache nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt Aufsehen. Für die Nationalsozialisten war dieses Gesamtkunstwerk aber ein Beispiel für die „Verfallskunst der Weimarer Zeit“.
Das damals angebrachte goldene Fries am Eingang mit vielen kleinen den Arm hebenden Männchen und einer Kolossalfigur rettete die Straße vor dem Abriss.
Das historische Bremer Rathaus mit seinen prächtigen Sälen, der Bremer Roland, der größte in der Bundesrepublik mit seinem salomonischen Lächeln und die Bremer Stadtmusikanten aus Bronze waren weitere Stationen.
Überall in der Stadt finden sich von den Stadtmusikanten phantasievolle Nachbildungen. Besonders gefiel eine buntbemalte Gruppe, wo jedes Tier ein Buch in der Pfote hält und darin liest. Sie wurde anlässlich eines Tags zur Leseförderung geschaffen.
Im Künstlerdorf Worpswede besuchte die Reisegruppe das Museum im Modersohn Haus. Paula Modersohn schuf in den unvergleichlichen Lichtverhältnissen des Ortes inmitten des Teufelmoors angeregt durch die in der Künstlerkolonie herrschende kreative Stimmung herausragende Bilder, die dem frühen Expressionismus zugerechnet werden und ihm den Weg bereiteten.
Die nächste Station war Bremerhaven. Von der Aussichtsplattform des Atlantic Hotel Sail City hatten die Teilnehmer/innen einen weiten Blick über die Stadt, das Hafengelände und die Wesermündung.
Es schloss sich ein Besuch im Deutschen Auswandererhaus an. Mehr als 7 Millionen Menschen brachen von Bremerhaven auf nach Amerika. Das Museum veranschaulicht das am Beispiel echter Biografien und plastisch nachempfundenen Stationen wie der Wartehalle vor der Abreise, der Überfahrt im Unterdeck unter teilweise erbärmlichen Bedingungen, der Ankunft in Amerika auf Ellis Island, wo die Einwanderer auf Krankheiten untersucht und auf ihre Gesinnung geprüft wurden. Außerdem mussten sie Bares vorweisen, um am Grand Central Bahnhof eine Fahrkarte für die Weiterfahrt kaufen zu können. Wer hier durchfiel wurde zurückgeschickt. Deutschland war aber nicht nur ein Auswandererland sondern immer auch ein Einwandererland. Das wird im 2. Teil des Museums anhand der Millionen eingereisten „Gastarbeiter“ in den 70er Jahren dargestellt. Viele Teilnehmer hatten Daten von Verwandten oder Bekannten mitgebracht und konnten in der angeschlossenen Datenbank recherchieren, mit welchem Schiff diese gereist waren und was ihr Bestimmungsort war.
Mit einer Rundfahrt durch das große Hafengelände, bei dem viel Wissenswertes über die großen Autotransportfrachter vermittelt wurde, endete dieser erlebnisreiche Tag.
Die Rückfahrt wurde in Göttingen unterbrochen. Ein Rundgang durch die Altstadt, die Besichtigung des Aula-Gebäudes mit dem reich illustrierten Karzer durch ehemalig hier einsitzende Studenten und das mit historischen Ereignissen reich bemalte Rathaus rundeten das Programm dieser viertägigen Reise ab.
Jutta Kneißel die Organisatorin der Reise erhielt für die gute Planung und den reibungslosen Ablauf viel Lob und Anerkennung von den Teilnehmern/innen, was sicher zu dem guten Klima in der Gruppe beitrug.