Fahrt nach Wächtersbach (2015)

Wächtersbach gehört zu den weniger bekannten Sehenswürdigkeiten im Umkreis. Dabei hat die auf eine Gründung von Kaiser Friedrich Barbarossa zurückgehende Kleinstadt viel zu bieten. 27 Kulturinteressierte Mitglieder des Vogelsberger Kultur- und Geschichtsvereins begaben sich auf Spurensuche.

Schottener in Wächtersbach

Der Stadtkern wird geprägt von dem alten Fürstenschloss. Zunächst als wehrhafte staufische Wasserburg gebaut entstand Anfang des 19. Jahrhunderts das Schloss in seiner heutigen Form als geschlossene Vierflügelanlage. Die Grafen zu Ysenburg und Büdingen residierten dort seit 1687. Sie bauten ein Verwaltungsgebäude, die Rentkammer, einen Marstall und das Prinzessinnenhaus für die unverheirateten und verwitweten Frauen der Familie. Während das Prinzessinnenhaus sich heute in Privatbesitz befindet und in einem sehr gepflegten Zustand ist, steht das Schloss seit vielen Jahren leer. Mittlerweile hat sich ein Mäzen gefunden, der das Schloss restaurieren und dann der Stadt übergeben will.

Der umliegende Schlosspark im Stil eines englischen Landschaftsgartens wird von dem Heimat- und Geschichtsverein der Stadt gepflegt, der dort auch einen Baumlehrpfad eingerichtet hat. Bemerkenswert ein großes Kreuz am Eingang des Parks, errichtet von nach dem Krieg aus ihrer Heimat Vertriebenen, die um eine Rückkehr bitten. Weiter hinten im Park ein großer Stein mit einer Gedenktafel, 50 Jahre später. Dieser wurde von den nunmehr voll integrierten Bürgern als Dank an ihre neu gefundene Heimat dorthin gestellt.

Auf dem Gang durch den historischen Stadtkern mit vielen gut erhaltenen Fachwerkhäusern kommen die Besucher auch an Resten der alten Stadtmauer vorbei. Nachdem Wächtersbach 1404 die Stadtrechte erhielt, waren die Bürger verpflichtet, Stadt und Schloss zu schützen. Die Mauer war jedoch nicht begehbar. Zur Verteidigung dienten einige Halbrundtürme. Wenn Gefahr von durchziehendem Militär oder marodierenden Banden drohte, wie z.B. im dreißigjährigen Krieg, beschlossen die Stadtväter, die Tore zu öffnen. Sie rechneten damit, dass der so entstehende Schaden geringer wäre als eine gewaltsame Eroberung der Stadt. Damit sind sie gut gefahren.

Eine besondere Sehenswürdigkeit ist die Evangelische Kirche, die von außen nicht als Kirche zu erkennen ist. Ein Wachtturm der Stadtmauer, die an diese er Stelle einen rechten Winkel bildet, wurde im 16. Jahrhundert an eine kleine Kapelle angesetzt und zwei Jahrhunderte später wurde der Bau durch ein Querschiff erweitert. So entstand ein großer, nahezu quadratischer Innenraum mit zwei übereinander angebrachten Emporen auf drei Seiten und einer Galerie über der mittig stehenden Kanzel. Einziger Schmuck sind drei schöne Glasfenster und die verzierten Holzsäulen und Balustraden. Ein Besuch im Wächtersbacher Heimatmuseum rundete den Besuch ab.

Eine große Abteilung ist der Wächtersbacher Keramik gewidmet. Graf Adolf II. zu Ysenburg-Wächtersbach gründete 1832 eine Steingutfabrik, nachdem in Schlierbach tonhaltige weiße Erde gefunden worden war. Für die Gestaltung der Keramik konnten namhafte Künstler gewonnen werden. Besonders begehrt sind heute noch die vielen Gebrauchsgeschirre, Vasen und Schmuckteile aus dem Jugendstil. Auch hier wird der Betrieb durch das Engagement vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen aufrechterhalten, die sich im Laufe ihrer Tätigkeit ein umfassendes und tiefgehendes Fachwissen erarbeitet haben.